Die Humsera - ein Bamberger Original mit "Schwertgoschen"

Das bodenständige Bamberg und die über 700-jährige Gärtnergeschichte hängen untrennbar zusammen. Mit der Brunnenskulptur der „Humsera“ hat Hans Leitherer den alten Gärtnerfrauen einst ein Denkmal gesetzt. Auch wenn seine Figur am Grünen Markt bei Weitem nicht so populär ist wie der Bamberger Reiter, steht sie vielen Einheimischen vermutlich näher als das Wahrzeichen aus dem Dom. Während der Reiter seit Jahrhunderten unbewegt auf einem Sockel an einem Kirchenpfeiler ausharrt, hat sich die „Gärtnera“ ganz volksnah auf dem Marktplatz vor der Martinskirche niedergelassen. Der Name „Humsera“ geht auf den Familiennamen „Hums“ zurück, eine Gärtnerfamilie aus der Heiliggrabstraße in Bamberg. Die „Humsera“ ist ein Sinnbild der alten Marktfrauen bzw. „Markthöcken“. Diese waren für ihr loses Mundwerk und deftige Sprüche bekannt.

Seit Mai 2015 kann die „Humsera“ überall einen Platz finden: als „Humsera Jetzerdla“. Die Abgüsse, klassisch in Stein und poppig in farbigem Kunststoff und seit September auch als Schlüsselanhänger erhältlich, gehen über eine bloße Nachschöpfung deutlich hinaus. Auf ihre Weise verkörpert auch die neue „Humsera Jetzerdla“ ein gutes Stück Bamberger Kultur. In jedem Fall stellt sie ein authentisches Geschenk bzw. Souvenir aus Bamberg dar.

Aus dem Buch "Ein Zwiebeltreter bin ich gern", von Wolfgang Wußmann:

Die Intention der Künstlerin, Antjepia Gottschalk

Das Thema Marktfrau hat mich inspiriert. Meine Intention war es, das Thema Marktfrau übergeordnet zu betrachten. Ein modernes Bildnis mit historischem Hintergrund. Ein allgemeingültiges, zeitloses Bildnis zum Thema Marktfrau in Anlehnung an die Figur der Humsera.

Ist es doch die Frau, die Nahrung bringt und besorgt. Sie steht in Verbindung mit der Natur und hat Kenntnis über ihre Rhythmen. Sie schenkt Leben. Die Frau als Urquelle für Nahrung, Lebenskraft, Schutz und Geborgenheit.

Die Skulptur ist klar figürlich und auf den ersten Blick traditionell. Doch sind künstlerisch formale Aspekte eingebracht, durch die die Formen in sich Spannung halten und in Teilbereichen sogar abstrakt wirken.  Mir war wichtig, dass die gesamte Figur der Marktfrau mit jedem Aspekt ihrer Körperlichkeit Fülle und Kraft ausstrahlt. Sie selber IST die Frucht der Erde, die Fruchtbarkeit und das Nährende, was sie zu geben hat. Sie strahlt ein tiefes Selbstwertgefühl aus. In sich ruhend, im Einklang mit ihrem Körper, pralle Lebenskraft. Ihr Gesichtsausdruck ist leicht provokant. Selbstsicher blickt sie von unten nach oben den Betrachter direkt an, herausfordernd.  Ihr Hinterteil ist provokant dargestellt. Obwohl sie eindeutig gekleidet ist, auch mit dem traditionellen Kopftuch, lässt sich bei der Rückenansicht die Kleidung nur erahnen. Der Betrachter wird herausgefordert, genau auf ihre Art zu schauen. Frech. Eine Auseinandersetzung wird provoziert. Tabuthemen werden sinnlich herausgefordert.  Ihr Gesicht ist weder jung noch alt, weder hässlich noch hübsch. Es ist ein Gesicht, das Persönlichkeit und Lebenserfahrung ausstrahlt. Es liegt ein Zug von Freundlichkeit in ihrem Mundwinkel und trotzdem wird der Betrachter das Gefühl nicht los: „Mit der will ich mich nicht anlegen“.

Sie weiß, was sie will. Sie weiß, wer sie ist und kennt ihren Wert. Für diesen Wert steht sie ein, kompromisslos. Und - sie weiß, was sie zu geben hat.  Ihr Korb ist voll mit guten Früchten der Erde. Eine Erdfrau, eine Frau, die schaffen kann, eine Gärtnerin der Lebenskraft, eine Frau der Fülle.  Traditionell wird die Humsera als altes Weib beschrieben, frech und lautstark. Wenn ihr jemand „quer“ kam, hat sie auch schon mal, so wird berichtet, ihren Rock gehoben und ihr blankes Hinterteil gezeigt. Diese Deftigkeit ist im modernen Bild aufgenommen und in einen anderen Kontext gesetzt.  Die Humsera steht für eine Zeit, in der es mühselig war, als einfache Frau sich zu ernähren und für die Familie zu sorgen. Vom Erlös der Gärtnerin und Marktfrau zu leben war ein hartes Brot.

Bamberg ist eine Stadt, die ihre GärtnerInnen ehrt und das Gedenken an diese Fertigkeit, im Einklag mit der Erde zu arbeiten, lebendig hält. Mit dem zeitgemäßen Bild der „Humsera“ ist mein Ansatz, die Kraft der „Marktfrau der Lebensfülle“ zu ehren.

Einen Kontrast zu dem Bild der „Alten“ herzustellen. Nicht die zermürbenden Aspekte dieser kräftezehrenden Arbeit und dieser Zeit darzustellen, sondern übergeordnet, dem nährenden und zeitlosen Aspekt Aufmerksamkeit zu schenken. So sehe ich die „Neue Humsera“ als Anregung, sich über das traditionelle Bild Gedanken zu machen.

Auch in der modernen Zeit brauchen wir „Marktfrauen“ - Frauen, die Nahrung (auf allen Ebenen) bringen, Leben nähren und wir werden sie immer brauchen.
Und – ich bin dankbar, dass es sie gibt.